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Aufrichten eines Mastes


Raising a pile


Fig. 1: Windengestell zum Aufrichten eines Mastes

[1] [Fig. 1] Qui si dimanda per quale linia il moto di quessta antenna fia più facile al suo motore: o per la linia equidiacente -f-m-, opur per la linia obbliqua -n-m-, o voi in qualunque grado infra l'un' e ll'altra linia.
[2] [Fig. 1] Chiaro si dimosstra per la 60a del 7°, che lla corda equidiacente sente men fatica del peso da llei mosso, che per qualunque linia esso peso fussi tirato. Inperochè la corda equidiacente -f-m- solamente è affaticata dalla confregatione che ffa esso peso colla terra donde si move. E cquanto per esso moto la detta confregatione s' allegierisscie in -n-, tanto cresscie in -m-, in modo che ssenpre è d'equal fatica alla corda -f-m-, nè mai cresscie o diminuisscie, i' nessun grado di moto la fatica d'essa confricatione. La qual confregatione è molto minore che non è il peso del trave, come nel 5° del 9° dimostrai.
[3] [Fig. 1] Ora ci resta a dire che diferentia arebe di fatica il motore d'essa antenna, se esso la tirassi per la linia obbliqua -n-m-. Cierto esso sentirebbe molto più peso d'essa antenna quando egli tirassi per tale linia che per nessuno altro modo assegniato. Inper[o]chè che quanto esso manca della confregatione del primo modo, tanto più acquista del peso d'essa antenna, i' modo che all' ultimo essa antenna si sostiene tutta sopra alla corda che lla move. Sichè si conclude, per le assegniate ragione, che 'l moto d'ogni peso è più facile per linia equidiaciente che per linia obbliqua.
[4] [Fig. 1] Ogni grado di moto della linia obbliqua muta gradi di peso. E per la linia equidiacente, ogni grado di moto osserva il medesimo peso, tolto insieme se[n]pre i pesi fatti, over mutati in -n-m- e giunti insieme, perchè quanto s' alegierisscie in -n-, tanto cresscie in -m-.
[1] [Fig. 1] Hier stellt sich die Frage, auf welcher Geraden die Bewegung des Mastbaumes leichter ist für seinen Beweger: auf der horizontalen Geraden -f-m- oder auf der schrägen Geraden -n-m- oder in irgendeinem Winkel zwischen der einen und der anderen Geraden.
[2] [Fig. 1] Durch den 60. [Satz] des 7. wird klar bewiesen, dass das horizontale Seil vom Gewicht, das es bewegt, weniger belastet wird, als wenn das Gewicht auf irgendeiner anderen Geraden gezogen würde. Denn das horizontale Seil -f-m- wird belastet nur von der Reibung des Gewichtes mit der Erde, auf der es sich bewegt. Je mehr sich durch die Bewegung die genannte Reibung in -n- verringert, um so mehr wächst sie in -m-, so dass sie das Seil -f-m- immer gleich belastet. Nie, in keinem Grad der Bewegung, wächst oder vermindert sich die Belastung durch die Reibung. Diese Reibung ist viel geringer als das Gewicht des Balkens, wie ich im 5. [Satz] des 9. gezeigt habe.
[3] [Fig. 1] Jetzt bleibt uns nur zu sagen, welche Differenz an Belastung der Beweger des Mastes hätte, wenn er ihn auf der schrägen Geraden -n-m- zöge. Gewiss spürte er das Gewicht des Mastes sehr viel mehr, wenn er ihn auf dieser Geraden zöge, als bei jeder anders gestalteten Weise. Denn je weniger Reibung des ersten Verfahrens er erhält, desto mehr bekommt er von dem Gewicht des Mastes, so dass der Mast schließlich ganz oben am Seil hängt, das ihn bewegt. Der Schluss aus den angeführten Gründen ist, dass die Bewegung jedes Gewichtes leichter auf einer horizontalen Geraden als auf einer schrägen geschieht.
[4] [Fig. 1] Jeder Grad der Bewegung der schrägen Linie verändert die Grade des Gewichtes. Auf der horizontalen Linie bewahrt jeder Grad der Bewegung dasselbe Gewicht, wenn man die erhaltenen Gewichte oder die in -n-m- veränderten und zusammengezählten stets zusammen nimmt, denn je mehr es sich in -n- verringert, desto mehr wächst es in -m-.

Kommentar

Das Gerüst dient dem Aufstellen hoher Masten. Im aufgehenden Gebälk ist eine Winde mit zwei Haspeln eingebaut. Damit lässt sich ein Seil aufrollen, das mit der Basis des aufzurichtenden Mastes verbunden ist. Leonardo baut zwei Umlenkrollen ein, die man wahlweise für den Seilzug wählen kann: eine am Fuße und eine am Kopf des Gerüstes. Anhand der sich dabei ergebenden Varianten erläutert er Kraft und Reibung.
In der praktischen Anwendung sollte die Konstruktion an mindestens vier Stellen im Boden verankert sein. Denn im Gegensatz zu fol. 34r (Säulenheber) steht dieser Apparat in Gänze neben der Stelle, wo der Mast stehen soll (Loch im Boden), und es wirkt seitliche Kraft. Die feste Leiter stabilisiert das Gerüst. Bevor der Versuch starten kann, muss die Mastspitze auf die obere Rolle -n- gehievt werden. Dabei kommt offenbar die Leiter zum Einsatz. Die Rolle ist in einer festen Position gelagert, kann für den Vorgang also nicht abgesenkt werden. Sie dient als Lager für den Mast sowie als Umlenkrolle für das Seil (nur in Anwendung der oberen Ziehvariante und beim Herunterlassen des Mastes).
Die Zeichnung präsentiert die Variante des Seilzuges von unten: Das Seil läuft um die Rolle -f-. Durch Drehen der Haspel, die von mehreren Personen gleichzeitig getätigt werden kann, wird -m- zu -f- gezogen, und der Mast richtet sich auf. Sein Fuß ist auf einer Wagenachse aufgebockt, so dass er nicht auf dem Boden schleift. Zum Schluss kann man die Wagenachse entfernen und den Mast mit dem anderen Seil -m-n- in das Loch absenken. Die Linie zwischen -m- und -n- könnte auch als imaginäre Kraftlinie für theoretische Überlegungen verstanden werden.
Gesamtarbeit und Gesamtreibung sind bei beiden oben genannten Methoden gleich. Der durchschnittliche Kraftaufwand ist bei der unteren Methode aber größer, weil weniger Seillänge zum Einsatz kommt (Prinzip des Flaschenzugs). Partiell liegt der Fall jedoch anders: So braucht im Endstadium die untere Variante weniger Kraft, denn die zu ziehende Seillänge ist größer. Einen Irrtum begeht Leonardo, indem er die Kraft zum Heben des Mastes bei der unteren Methode außer Acht lässt.
Praktische Anwendung zeigt ein Gerüst zum Ausschachten des Arnokanals (Codex Atlanticus fol. 4r (1v-b)), vgl. Heydenreich, Baumeister 1974, S. 143. Komplexe Systeme von Flaschenzügen haben sich bei Arbeiten zum Aufrichten von Säulen eher bewährt. Man denke an das Aufrichten des großen Obelisken von St. Peter unter Papst Sixtus V. durch den Ingenieur Domenico Fontana.
Die eingangs gestellte Frage nach der günstigsten Methode (vertikal oder horizontal) thematisiert Leonardo auch in Teil 2 fol. 19r (172v), dort eine ähnliche Zeichnung. Noch älter könnte die Skizze zum Aufrichten von Masten im Codex Atlanticus fol. 818r (298r-b) sein, wo Leonardo das Problem ebenfalls mit Hinweisen auf seine Theorie versieht. Eine verwandte Darstellung mit der Aufstellung eines Schiffsmasten in Teil 1 fol. 60v. Bernardoni / Neuwahl, Tirari e alzari 2013, S. 103, verwiesen auf die Säulenheber bei Francesco di Giorgio und im Atlanticus fol. 138r (49v-a). Die vorliegende Konstruktion bezeichnen sie als rope column raisers conceived for working along with a lift.
Den Verweis auf den 5. [Satz] des 9. haben wir in unserer Übersicht über Leonardos Verweise (Lohrmann, Verweise 2011, S. 318) übersehen, da die Stelle mehrfach genannt wird.